Bürgermeister Christian Pakusch lud zu traditionellem „Runden Tisch der Landwirtschaft“ auf Schloss Neersen mit breiter Diskussion
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An Themen und deutlichen Aussagen fehlt es nie, wenn Bürgermeister Christian Pakusch zum jährlichen „Runden Tisch der Landwirtschaft“ lädt – und so waren auch die zweieinhalbstunden am Donnerstag im Kreis der Landwirte, politischen Vertreter, Landwirtschafts-Vertreter und Verwaltungsmitarbeiter erneut von meinungsstarken Beiträgen und deutlichen Ansagen geprägt.
Gekommen waren auf Einladung des Bürgermeisters Martin Plum (MdB) und Guido Görtz (MdL), Dr. Christian Hoffmann (Landwirtschaftskammer Viersen), Kreisbauernschaft-Geschäftsführer Sebastian Gores, Kreisbauernschaft-Vorsitzender Paul-Christian Küskens, Helmut Oellers (Stadtlandwirt und Ortsbauernvorsitzender Neersen), Christian Meyer (Ortsbauernvorsitzender Schiefbahn), Dr. Michael Heintges (Ortsbauernvorsitzender Anrath), Peter Friesen (Ortsbauernvorsitzender Willich), Thomas Heyes (Stellvertretender Ortsbauernvorsitzender Willich), Stadtwerke-Chef Tafil Pufja, Sofia Hendricks und Jens Lübben (Stiftung Rheinische Kulturlandschaft) sowie verwaltungsseitig die unter anderem auch mit landwirtschaftlichen Themen befassten Gregor Nachtwey (Erster und Technischer Beigeordneter) sowie die Geschäftsbereichsleiterin Kerstin Wild und der Geschäftsbereichsleiter Andreas Hans.
"Kontrolleure haben jedes Maß verloren"
Längs des Themenkatalogs (unter anderem Bürokratische Belastungen für das tägliche Handeln, Aktuelle Lage der Landwirtschaft, Projekte der Stadtwerke/ Windenergie, Agri-Photovoltaik-Anlagen/ Freiflächenphotovoltaikanlagen, Schutz hochwertiger Ackerböden, Wirtschaftswege) ergab sich eine muntere Diskussion, die sich im Wesentlichen um die Einschränkung der Landwirtschaft durch überbordende Bürokratie, wachsende rechtliche Vorschriften unter anderem auch durch die EU, ausufernde Dokumentationspflichten, problematische Fördervoraussetzungen und satteliten- wie ai-gestützte Kontrolle der Tätigkeit der Landwirte drehte.
Genereller Tenor: Für die seitens der verschiedenen Bürokratieebenen geforderte Dokumentation der eigenen Tätigkeiten müsse man allein eine Kraft abstellen, man sei inzwischen fast in der Planwirtschaft angekommen. Seitens der Politik, die „nicht mehr hinter den Bauern stehe“, fühle man sich der unternehmerischen Freiheit beraubt, so dass mancher inzwischen gar auf dringend benötigte Prämien verzichte, um persönlichen Gestaltungsspielraum zurückzuerobern.
Manche Kontrolleure hätten inzwischen jedes Maß verloren: Ob die Produktionsmethoden oder die Tierhaltung okay sei, sei völlig unerheblich: Hauptsache die Unterlagen seien vollständig ausgefüllt und die Papiere komplett. Der Naturschutz (Stichwort: Wolf), hieß es in der engagierten Diskussion weiter, werde inzwischen nicht nur von den Umwelt- und Naturschutzverbänden über den Schutz des Menschen gestellt, die Gesetzgebung sei inzwischen „weitgehend von Misstrauen geprägt“.
Görtz und Plum machten deutlich, dass man seitens der Politik dort, wo man Einfluss nehmen könne, gegensteuere und den Frust der Landwirte durchaus nachvollziehen könnte.
Einig war man sich am Tisch, dass ein Weg, vielen Fehlentwicklungen entgegenzuwirken, sei, das Augenmerk und letztlich das Kaufverhalten der Verbraucher auf regionale Produkte zu lenken; oft würden im Supermarkt billige, importierte Produkte gekauft, bei denen dann niemand danach Frage, unter welchen Umständen (Lohn, Arbeitsbedingungen) diese produziert worden seien: Oft kämen die
„Produkte aus Ländern, in denen bei der Produktion Mittel zum Einsatz kämen, die bei uns seit 40 Jahren verboten sind – und keinen stört‘s.“
Hilfe der Stadtwerke angeboten
Stadtwerke-Chef Tafil Pufja erläuterte die aktuelle Situation in Sachen PFAS-Belastung im Grundwasser der Wassergewinnung Anrath (es wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, das Wasser kann bedenkenlos getrunken und genutzt werden) und bot erneut die Hilfe der Stadtwerke in Sachen Agri-PV (die gleichzeitige Nutzung von Flächen für landwirtschaftliche Belange und Stromproduktion via Photovoltaik) an; er machte keinen Hehl daraus, dass man hier zu vollmundigen Versprechen interessierter Anbieter mit Vorsicht begegnen sollte; eine sinnvolle Lösung sei hier an diverse Voraussetzungen gebunden, die man gründlich untersuchen und checken müsse. Pufja machte auch deutlich, dass aus seiner Sicht als Energie-Fachmann die Gewinnung von Strom via leistungskräftiger Windkraftanlagen die deutlich effizientere und somit zukunftstauglichere Variante sei.
Kreis bundesweit ganz vorn
Nachdem man sich dann noch kurz einiger lokaler Willicher Themen gewidmet und schnell zwischen Landwirten und Verwaltung konkrete Schritte zur Lösung abgeklärt hatte, verdeutlichte Dr. Christian Hoffmann (Landwirtschaftskammer NRW) zum Abschluss noch in einem erfreulich kurzen und klaren Beitrag mit einigen Folien die Bedeutung des landwirtschaftlichen Produktionsstandorts in unserer Region: Danach gehört der Kreis zum Beispiel bundesweit zu den Top-4-Regionen in Sachen Anbauumfang von Gemüse, zu den flächenleistungsstarken Arealen in NRW, hat in Sachen Haupterwerbbetriebe im Lande deutlich die Nase vorn und weist schließlich in Sachen Anbauspektrum einen bunten und somit gesunden Mix auf.
Pakusch dankte abschließend allen für die engagierte und offene Diskussion, versprach, im nächsten Jahr erneut zum runden Tisch zu laden – und außerdem noch, auch zwischen diesen Terminen immer ein „offenes Ohr für die Landwirtschaft und ihre Anliegen“ zu haben:
„Meine Tür im Schloss ist immer offen.“
so Pakusch.